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Alles is(s)t Gewohnheit – Wie die Gewöhnung an den Geschmack unser Essverhalten beeinflusst?!

Trotz der erhöhten Gesundheits- und Nachhaltigkeitsmotive in der Ernährung ist weiterhin der Geschmack von Lebensmitteln konsumentscheidend. Es handelt es sich heutzutage vermehrt um genussorientierte Konsumenten, die zugleich aufgeklärter, anspruchsvoller und kritischer gegenüber bestimmten Produkteigenschaften sind. Für viele gehört der Geschmack zu einer der wesentlichen Produkteigenschaften, die mit der Qualität des Produktes verbunden sind. Zudem positionieren sich Konsumenten immer stärker gegenüber Eigenschaften wie Gesundheit, Geschmack und Nachhaltigkeit, weshalb auch die klare Produktpositionierung im Markt deutlich zunimmt.

Allerdings ist die Umstellung zu einer anderen Ernährungsform häufig geprägt von einem Ablehnungsverhalten gegenüber neuen Produkten. Dieses Verhalten wird „Food Neophobia“ genannt. Folglich hat die Gewöhnung an ein Produkt einen relevanten Einfluss auf dessen Konsum. Die Gewohnheit ein bestimmtes Produkt zu konsumieren, wird unter anderem von dem Geschmack beeinflusst. Die Gewöhnung und der Gefallen an dem Geschmack beeinflussen die Motivation, ein Lebensmittel zu verzehren, deutlich.

Geschmack und das Essverhalten

Aber wie beeinflusst das Geschmacksempfinden und die Gewöhnung unser Ess- und Konsumverhalten? Und warum kann man sich an Geschmack gewöhnen?

Geschmäcker sind verschieden – das wissen wir alle. Oft resultiert daraus ein unterschiedliches Essverhalten. Doch woran liegt das?

Wir Menschen haben genetisch bedingt eine unterschiedliche Anzahl und Ausprägung an Geschmacksknospen auf der Zunge. Das hat zur Folge, dass wir bestimmte Lebensmittel unterschiedlich schmecken. Für manche wirkt das Gemüse bitterer als für andere und der Nachtisch ist für den einen viel zu süß, während der andere noch etwas Zucker obendrauf streuen könnte. Gerade bitterer und süßer Geschmack bilden hier zwei gegensätzliche Pole. Während bitter eher als aversiv wahrgenommen wird, bestehen vor allem für süße (aber auch salzige) Lebensmittel Präferenzen.

Die Genetik

Aber nicht nur die Genetik spielt hierbei eine Rolle, sondern auch unsere Lebens- und Ernährungsweise. Wir haben uns vor allem an den Geschmack der Lebensmittel gewöhnt, die wir schon seit jungen Jahren regelmäßig verzehren. Das bedeutet, dass neben der Anzahl der Geschmacksknospen auch äußere Faktoren einen Einfluss haben. Die Geschmacksknospen können sich mit der Zeit verändern – an der Anzahl abnehmen und/ oder mehr oder weniger empfindlich werden. Je öfter wir zum Beispiel Bitterstoffe zu uns nehmen, desto mehr gewöhnen wir uns an den Geschmack und unsere Geschmacksknospen sind weniger empfindlich gegenüber dem bitteren Reiz. Deshalb schmeckt Spinat manchen Kindern auch nicht sonderlich gut, da sie die enthaltenen Bitterstoffe verstärkt wahrnehmen. Erst nach einiger Zeit und häufigeren Darstellung des Reizes – z.B. durch den regelmäßigen Verzehr eines bestimmten Lebensmittels – gewöhnen sich auch die Geschmacksrezeptoren der Zunge an die Bitterstoffe und uns schmeckt auf einmal das Gemüse, der Kaffee oder das Bier. Dies nennt man dann den „erworbenen Geschmack“. Dieser Effekt wird in einem anderen Artikel nochmal näher beschrieben und erläutert.

Wie lange dauert die Gewöhnung?

Wie schnell oder langsam wir uns an einen neuen Geschmack gewöhnen, ist individuell – so wie auch die Anzahl und Empfindsamkeit unserer Geschmacksrezeptoren auf der Zunge. Fakt ist, dass bei einer häufigen und regelmäßigen Darstellung eines Geschmackreizes, die Gewöhnung an diesen zunimmt und damit auch die Präferenz für diesen Geschmackreiz.

Präferenzen für einen Geschmack sind kein starres System, sondern flexibel und wir können uns an einen Geschmack gewöhnen, uns aber auch entwöhnen. Wichtig ist zu wissen, dass wir uns an die regelmäßig verzehrten Lebensmittel gewöhnen und diese deshalb dann auch präferieren. Demnach gebt Euch doch ein bisschen Zeit für die Gewöhnung an einen neuen Geschmack und verteufelt nicht sofort das eine oder andere Lebensmittel. Geschmäcker sind verschieden – ja, und eine wesentliche Rolle wird weiterhin die individuelle genetische Veranlagung der Geschmacksknospen auf der Zunge spielen. Doch wie bereits erwähnt: Geschmack ist flexibel, so auch die Anzahl der Geschmacksknospen.

Fazit

Wie beim Sport heißt es also auch beim Ausprobieren neuer Lebensmittel: am Ball bleiben und nicht aufgeben! Alles ist Gewohnheit und vieles braucht Zeit. Je mehr Ihr Dinge in Euren Alltag integriert, desto mehr werden sie zu Eurem Alltag.

In diesem Sinne: Guten Appetit!

 

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